Beschluss zur Sicherheitspolitik

27.10.24 –

Die BAG Digitales und Medien fasst auf ihrer Sitzung am 27.10.2024
in Berlin einstimmig folgenden Beschluss:

 

Grund- und Menschenrechte achten - Überwachungsstaat verhindern

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Digitales und Medien spricht sich entschieden gegen die geplante Wende der Bundesregierung in der Sicherheitspolitik sowie die Vorstöße einiger Länder im Bundesrat aus, die auf eine Ausweitung digitaler Fahndungs- und Überwachungsmaßnahmen abzielen. Wir erkennen die momentane schwierige politische Lage an und sehen, dass unsere Abgeordneten kompromissbereit Verbesserungen erreichen konnten und wollten. Allerdings sehen wir im verabschiedeten Paket nach wie vor, dass diese Maßnahmen Bürger*innen- und Menschenrechte gefährden. Sie sind nicht mit unserem Wahlprogramm, unserem Grundsatzprogramm sowie den Grundsätzen einer freien und demokratischen Gesellschaft vereinbar. Der folgende Beschluss fasst die zentralen Argumente gegen diese Pläne zusammen und fordert eine Rückbesinnung auf die Parteiposition und unsere Werte in der Sicherheitspolitik. Wir fordern die Bundestagsfraktion dazu auf, bei keinen weiteren Abstimmungen (wie z.B. nach dem Vermittlungsausschuss des Bundesrates) dem Gesetzespaket zuzustimmen.

 

Kritikpunkte und Forderungen

1. Wahrung der Bürger*innen- und Menschenrechte

Die geplanten Überwachungsmaßnahmen stellen eine erhebliche Gefährdung der Bürger*innen und Menschenrechte dar. Die BAG Digitales und Medien fordert, dass die Privatsphäre der Bürger*innen respektiert und geschützt wird. Die Maßnahmen müssen im Einklang mit dem Grundgesetz stehen, insbesondere mit Artikel 10 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) und Artikel 13 (Unverletzlichkeit der Wohnung). Darüber hinaus müssen sie die Prinzipien der Menschenrechte achten, insbesondere das Verbot der Diskriminierung und die Unschuldsvermutung.

 

2. Transparenz und demokratische Kontrolle

Es mangelt an Transparenz und effektiver Kontrolle der geplanten Maßnahmen. Missbrauch von polizeilichen Fahndungswerkzeugen wie in der “NSU 2.0”-Einschüchterungskampagne sind eine massive Gefahr für das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden und drohen die Legitimation des Staates zu untergraben. Die BAG fordert klare Richtlinien und eine unabhängige Aufsicht, um Missbrauch vorzubeugen. Die demokratische Kontrolle muss gestärkt werden, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen im Einklang mit den Grundrechten stehen.

 

3. Wirksamkeit

Die Vorstöße im Sicherheitspaket sind von zweifelhafter Wirksamkeit, die nicht nur Ressourcen verschwenden, sondern auch eine Gefahr für die Demokratie darstellen. Wenn Maßnahmen nicht die erhoffte Sicherheit bringen, wird das Vertrauen in staatliche Maßnahmen und die Wirksamkeit des Staates untergraben. Selbst in autoritären Systemen wie Russland können selbst weitestgehende Befugnisse der Sicherheitsbehörden Anschläge wie den des Islamischen Staates bei Moskau im März 2024 nicht verhindern. Daraus wird klar, dass Sicherheitsmaßnahmen auf Kosten der Bürger*innen- und Menschenrechte nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern den Weg für totalitäre Kontrollmaßnahmen bereiten.

Wir als Bürgerrechtspartei dürfen uns in der Debatte um Sicherheit nicht mit politischem Aktionismus zufrieden geben, sondern wir müssen, wie auch in dem Fraktionspapier „Es ist an der Zeit: Die Zeitenwende endlich auch in der Innenpolitik entschlossen umsetzen!“ vorgeschlagen, gezielt Prävention und Aufklärung sowie die personelle Stärkung und Qualifizierung von Polizei- und Justizbehörden in den Mittelpunkt stellen.

 

4. Prävention von Radikalisierung und Desinformation

Die BAG fordert eine verstärkte Prävention von Radikalisierung und Desinformation im Netz. Desinformation muss als systemisches Risiko für den öffentlichen Diskurs und Wahlen anerkannt werden. Deutschland sollte die Europäische Kommission auffordern, DSA-Ermittlungen bei großen Plattformen einzuleiten, um Mechanismen zu untersuchen, die zur Verbreitung von Desinformation und der Verbreitung von Extremismus und Menschenfeindlichkeit führen. Algorithmische Verstärkung von Desinformation und extremer Ideologie muss gezielt angegangen werden, indem Plattformen aufgefordert werden, alternative Algorithmen einzusetzen, die den Nutzenden mehr Kontrolle über ihre Inhalte geben. Zudem müssen die im Digital Service Act vorgesehenen Einschränkungen von Targeting konsequent durchgesetzt werden, um die gezielte Verbreitung von Desinformation zu verhindern.

 

5. Internationale Zusammenarbeit

Die BAG betont die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und des Multilateralismus in der Sicherheitspolitik. Ein einseitiger, nationaler Fokus wird die Beziehungen zu internationalen Partnern wie der EU und der NATO belasten und antidemokratischen Akteuren wie Viktor Orbán und Giorgia Meloni mehr Legitimität für extreme Überwachungsmaßnahmen verleihen. Deutschland muss sich für eine demokratisch legitimierte und koordinierte Sicherheitspolitik auf internationaler Ebene einsetzen.

 

6. Beteiligung der Zivilgesellschaft

Die Ausgestaltung der Sicherheitspolitik muss unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft erfolgen. Die BAG fordert eine stärkere Einbindung von Bürger*innenrechtsorganisationen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren, um sicherzustellen, dass die unterschiedlichen Perspektiven und Bedenken angemessen berücksichtigt werden.

 

Schlussfolgerung:

Die BAG Digitales und Medien fordert die Fraktionen und Mitglieder der Bundesregierung sowie die Grünen in den Landesregierungen im Bundesrat auf, ihre Pläne zur Ausweitung digitaler Fahndungs- und Überwachungsmaßnahmen an den Beschlüssen der Partei auszurichten. Eine Sicherheitsstrategie, die die Grund- und Menschenrechte respektiert und auf Prävention und internationaler Kooperation basiert, ist entscheidend für die Zukunft Deutschlands. Die BAG wird sich weiterhin für eine transparente, demokratische und verhältnismäßige Sicherheitspolitik einsetzen.

 

Berlin, 27.10.2024

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